Mikroplastik erreicht das menschliche Gehirn

ForscherInnen weisen Plastikpartikel in Leber, Niere und Gehirn nach. Die Aufnahmewege und mögliche gesundheitliche Folgen sind unklar.  

Plastikpartikel in Organen nachgewiesen 

Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass der weltweite Plastikmüll exponentiell ansteigt, ein großer Teil davon in der Umwelt landet, sich dort in Mikroplastik zersetzt und noch nach Jahrhunderten nachweisbar ist. Es ist auch kein Geheimnis, dass Tiere an Plastikteilchen ersticken, Plastiktüten in der Tiefsee nachweisbar sind und sich Mikroplastik bis in die Arktis ausbreitet.  

Nur ein Bereich schien bisher vor der Plastikflut geschützt: der menschliche Körper. Doch eine im Februar 2025 veröffentlichte Studie zeigt, dass Mikroplastik auch die menschlichen Organe erreicht – es konnten Ablagerungen in den untersuchten Organen Leber, Niere und Gehirn festgestellt werden. Und die Auswirkungen auf die Gesundheit sind unklar.  

PP, PE und PVCAblagerungen im menschlichen Körper 

In der Studie wurden die Hauptorgane Leber, Niere und Gehirn von im Jahr 2016 verstorbenen Personen im Vergleich zu im Jahr 2024 verstorbenen Personen untersucht. Anhand verschiedener Methoden zur Erkennung von Mikro- und Nanoplastik im Gewebe fanden die ForscherInnen in allen drei Organen Anreicherungen von Plastikpartikeln. 

Zwischen den beiden Gruppen konnte ein deutlicher Unterschied in der Konzentration festgestellt werden – in den Organen der in 2024 Verstorbenen wurde eine deutlich höhere Konzentration an Mikro- und Nanoplastik festgestellt. Die nachgewiesenen Plastikteilchen bestehen hauptsächlich aus PE (Polyethylen), das in verschiedenen Verbindungen als Einkaufstaschen, Plastiktüten und Lebensmittelverpackungen verwendet wird. Neben den PE-Teilchen wurden andere Polymere, hauptsächlich PP und PVC, nachgewiesen. 

Bei einem genaueren Blick auf die Gruppe der in 2024 verstorbenen Personen stellten die ForscherInnen fest, dass die Konzentration von Plastikpartikeln in den Gehirnproben normal verstorbener Personen signifikant höher ist als in Leber oder Niere. Darüber hinaus weisen die Gehirnproben von Demenzerkrankten eine konstant höhere Mikro- und Nanoplastik-Belastung auf als die Gehirne der Personen ohne Demenzerkrankung.  

Durchaus auffällig ist, dass die Plastikkonzentration in den Organen nicht abhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft oder der Todesursache ist. Eine Abweichung kann nur zwischen den beiden Gruppen anhand des Todeszeitpunkts erkannt werden – die Gruppe der in 2024 verstorbenen Personen weist eine erkennbar höhere Konzentration von Polyethylen und Polymeren in allen Organen auf.

Auswirkungen auf die Gesundheit

Die genauen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit sind noch unklar. Aktuell existieren wenige Studien an Säugetieren, die die Auswirkungen von Mikro- und Nanoplastik herausarbeiten.  

2023 untersuchten ForscherInnen die Auswirkungen von PET-Nanoplastik auf Embryonen von Zebrafischen – und fanden heraus, dass sich die winzigen Plastikteilchen in mehreren Organen der Embryonen anreichern, darunter Leber, Darm, Niere und Gehirn. Diese Anreicherungen führten unter anderem zu Verhaltensstörungen der Embryonen und einer beeinflussten Leberfunktion.1 

Andere Untersuchungen konnten Mikroplastik in der Placenta bei schwangeren Frauen und in den Hoden von Männern nachweisen. Nachdem schon seit längerer Zeit die Spermienanzahl und daher auch die Fruchtbarkeit bei Männern sinkt, könnte diese Entwicklung durch die Anreicherung von Plastikteilchen im Hoden verstärkt werden.2  

Die im Februar 2025 veröffentlichte Studie weist außerdem auf eine höhere Anreichung von Mikro- und Nanoplastik in den Gehirnen von PatientInnen mit Demenzdiagnose hin. Das muss jedoch nicht bedeuten, dass Plastikteilchen im Gehirn eine Ursache für Demenz sind. Nachdem bei DemenzpatientInnen häufig eine geschwächte Blut-Hirn-Schranke und eine reduzierte Fähigkeit, toxische Substanzen aus dem Gehirn zu eliminieren, festgestellt wird, könnte die hohe Mikroplastikbelastung in menschlichen Gehirnen wohl eher eine Folge der Erkrankung sein. 

Verteilungs- und Aufnahmeprozesse unklar 

Mikro- & Nanoplastikteilchen befindet sich unter anderem in der Luft, im Trinkwasser und in Lebensmitteln – das führt zwangsweise dazu, dass sie von Tieren und Menschen aufgenommen werden. 

Die kürzlich veröffentlichte Studie überrascht mit einem fehlenden Zusammenhang zwischen dem Alter der Verstorbenen und einer höheren Plastikkonzentration im Körper. Statt dem Alter ist der spätere Todeszeitpunkt relevant – was darauf hindeutet, dass die Plastikpartikel nicht im Laufe des Lebens angehäuft werden, sondern eher die exponentiell steigende Konzentration von Mikro- und Nanoplastik in der Umwelt auch zu einem Anstieg der Konzentration im menschlichen Körper führt. Das wird an den untersuchten Gehirnen besonders klar: die Menge an Kunststoffteilchen stieg hier in den letzten acht Jahren um etwa 50%. 

Bei Zebrafisch-Embryonen, die über längere Zeit einer gleichbleibenden Menge an Nanoplastik ausgesetzt waren, konnte eine Aufnahme bis zu einem bestimmten Punkt beobachtet werden – danach blieb die Menge im Körper konstant. Die Aufnahme an Plastik stieg mit einer höheren Konzentration in der Umgebung an – und nachdem die Fische nicht mehr dem Plastik ausgesetzt waren, wurden die Plastikpartikel ausgeschieden.3 

Wie Mikro- und Nanoplastik in den menschlichen Körper gelangt und sich darin verteilt, ist bisher kaum erforscht. Besonders unklar ist, wie die Teilchen ins Gehirn kommen, dort aufgenommen werden und ob sie wieder ausgeschieden werden können. Die ForscherInnen halten es durchaus für möglich, dass sich ein Gleichgewicht zwischen Aufnahme, Ausscheidung und der Belastung aus der Umwelt einstellen kann. 

Das zeigt, wie wichtig es ist, die Aufnahme-, Verbreitungs- und Ausscheidungsprozesse von Kunststoffen im menschlichen Körper, besonders im Gehirn, besser zu verstehen und mögliche gesundheitliche Folgen zu erforschen. 

Quellen 

Studie: https://www.nature.com/articles/s41591-024-03453-1

1: https://www.uni-leipzig.de/newsdetail/artikel/wie-nanoplastik-den-stoffwechsel-beeinflussen-kann-2023-03-08

2: https://www.rnd.de/wissen/mikroplastik-in-hoden-nachgewiesen-schadet-es-der-fruchtbarkeit-CENWHCD6KJBNFK5AIT5C4UACTQ.html

3: https://www.uni-leipzig.de/newsdetail/artikel/wie-nanoplastik-den-stoffwechsel-beeinflussen-kann-2023-03-08

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