Recycling verstehen: einfach ist anders
Kunststoff ist langlebig und vielseitig einsetzbar – doch biologisch nicht abbaubar. Aktuell gibt es noch keinen Weg, alle verschiedenen Plastikarten erfolgreich zu recyceln.
Was bedeutet „recyceln“ überhaupt?
Grundsätzlich versteht man unter recyceln das Aufbereiten und Wiederverwerten von bereits benutzen Rohstoffen1. Klingt erstmal einfach – doch bei einem genaueren Blick wird schnell klar, dass die Prozesse dahinter komplex sind.
Der Begriff schließt alle Materialien, von Metallen über Papier und Plastik bis hin zu Glas, ein. Je nach Material gibt es verschiedene Abläufe und Verfahren, um die verwendeten Materialien wieder in einen Kreislauf zurückzubringen – daher ist vor dem Recyclingprozess eine genaue Sortierung der Stoffe wichtig. Bei etwa Altmetallen, -papier, -glas, -kunststoffen und -reifen ist die Chance für eine mögliche Wiederverwertung besonders hoch.2
Innerhalb des Recyclings können verschiedenen Verfahren unterschieden werden:
- Wiederverwendung: ein Material wird wiederholt für den ursprünglichen Verwendungszweck eingesetzt (z.B. Mehrwegflaschen)
- Weiterverwendung: der Rückstand eines Materials wird für andere Zwecke verwendet (z.B. Granulat aus Altreifen zur Produktion von Bodenbelägen)
- Weiterverwertung: aus dem Material wird ein Sekundärstoff hergestellt, der wiederum in die Produktion des ursprünglichen Produkts fließt (z.B. Altglas zur Herstellung von Behälterglas)3
Unterschiedliche Arten von Kunststoffen
Aktuell landen in Deutschland jährlich etwa 5,6 Millionen Tonnen Kunststoffverpackungen nach einmaliger Nutzung im Hausmüll. Und weniger als ein Drittel davon lässt sich bisher recyclen. Denn: Plastik ist nicht gleich Plastik.
Der Begriff „Kunststoff“ bezeichnet synthetisch hergestellte, insbesondere polymere Werkstoffe, die nicht natürlich vorkommen. Grundsätzlich setzen sich Kunststoffe aus Polymeren und Zusatzstoffen zusammen – das sind Chemikalien, die hinzugefügt werden, um den Kunststoff elastischer, sicherer oder stabiler zu machen. Die Polymere können entweder aus der Natur gewonnen oder synthetisch hergestellt werden, wobei primär auf Erdgas, Erdöl, Kohle und Naturkautschuk zurückgegriffen wird.4 Und je nach Zusammensetzung können einige Kunststoffe leichter recycelt werden als andere.
Einen ersten Überblick gibt die Einteilung in die sieben gängigsten Arten von Kunststoffen:
PET (Polyethylenterephthalat)
- häufige Verwendung: Getränkeflaschen, Lebensmittelverpackungen, Textilien, Fasern
- transparent, leicht, fest und leicht zu recyceln
HDPE (Polyethylen hoher Dichte)
- häufige Verwendung: Milchflaschen, Einkaufstüten, Rohre
- robust, langlebig und leicht zu recyceln
PVC (Polyvinylchlorid)
- häufige Verwendung: Fenster, Rohre, Wandverkleidungen
- hart, zäh, witterungsbeständig, chemikalienresistent und schwer zu recyclen
LDPE (Polyethylen niedriger Dichte)
- häufige Verwendung: Einkaufstaschen, Lebensmittelverpackungen, Rohre
- zäh, flexibel und leicht zu recyceln
PP (Polypropylen)
- häufige Verwendung: Lebensmittelverpackungen, Arzneimittelflaschen, Spielzeug
- stark, haltbar und leicht zu recyceln
PS (Polystyrol)
- häufige Verwendung: Einwegbecher & -teller, Fleischschalen, Lebensmittelverpackungen zum Mitnehmen
- leicht, stabil und leicht zu recyceln
Andere Kunststoffe
- dazu gehören etwa PC (Polycarbonat), ABS (Acrylnitril-Butadien-Styrol) und andere schwer zu identifizierende Kunststoffe
- aufgrund ihrer uneinheitlichen chemischen und physikalischen Zusammensetzung schwer zu recyclen5
In Deutschland werden hauptsächlich PE (27%), PP (20%) und PVC (15%) produziert – das deckt sich mit der Verteilung der globalen Nachfrage nach Kunststoffen.6

Kambodscha: recycelbarer und nicht-recycelbarer Müll
Der Müll, den wir in Kambodscha sammeln, setzt sich aus vielfältigen Materialien zusammen. Aktuell sortieren wir den Müll in folgende Kategorien: PP, PET, PS, HDPE, LDPE, PVC, Textilien und non-recyclables.
Im Bereich des recyclebaren Plastikmülls finden wir hauptsächlich PET (Polyethylenterephthalat, meist verwendet für Kunststoffflaschen und Folien) und PP (Polypropylen, meist verwendet für Verpackungen). Diese recyclebaren Arten sortieren wir aus und verkaufen sie an eine lokale Recyclinganlage, in der sie dann weiterverarbeitet werden.
Die non-recyclables haben leider keinen weiteren Wert. Hier arbeiten wir mit einer lokalen Firma, Chip Mong Ecocycle, zusammen: der Müll wird durch Chip Mong Ecocycle abgeholt und in ihrer Fabrik in das sogenannte Co-Processing gegeben. Hierbei handelt es sich um einen Prozess, bei dem der Müll anstatt Kohle als Energiequelle verwendet und kontrolliert verbrannt wird, um Energie für eine Zementfabrik zu gewinnen.
Neben der Kooperation mit Chip Mong Ecocycle arbeiten wir auch mit ReMade Cambodia zusammen, ein Textilunternehmen, das noch verwendbare Textilien upcycelt. Ca. 10% des gesamten Mülls, den wir in Kambodscha sammeln, besteht aus Textilien – soweit diese noch verwertbar sind, geben wie sie an ReMade Cambodia, die gemeinsam mit lokalen Designern daraus neue Kleidungsstücke herstellen.
Weiteren Müll, der noch recycelt werden kann, geben wir an lokale Recycler weiter, darunter z.B. auch Glas und Metall. Ein kleiner Teil des Mülls ist weder recyclebar noch bei Chip Mong Ecocycle verwertbar – diesen müssen wir an lokale Deponien weitergeben, da wir hier keine andere Möglichkeit der Weiterverwertung haben. Im Jahr 2023 waren das unter 10% des gesamten Mülls.
Diese unterschiedlichen Arten zeigen, wie zentral das Sortieren des Mülls in unserem Zero-Waste Center ist, um möglichst viel weiterverarbeiten zu können und auf jeden Fall zu vermeiden, dass der Müll wieder in der Umwelt landet.

Albanien: viel recyclebares PET
In Albanien besteht der Müll zu einem Drittel aus nicht-recyclebaren und zu zwei Drittel aus recyclebaren Müll. Somit unterscheidet sich die Zusammensatzung stark von dem Müll, der bei den Projekten in Südostasien gesammelt wird – es kann viel mehr Material wieder in den Kreislauf zurückgeführt werden.
Der recyclebare Müll besteht hauptsächlich aus PET. Das wird im Zero-Waste Center in der Müllpresse gepresst und zu Recyclinghöfen nach Tirana transportiert.
Der nicht-recyclebare Müll wird aktuell auf einer lokalen, gesicherten Mülldeponie entsorgt. Das entspricht nicht dem Standard, den wir anstreben. Doch aktuell gibt es in Kukës und Umgebung keine andere Möglichkeit der Entsorgung. Da auch wir von der vorhandenen Infrastruktur des jeweiligen Landes abhängig sind, stoßen wir hier an unsere Grenzen – aber wir arbeiten mit Hochdruck an einer, hoffentlich baldigen, Lösung.
Recycling allein löst das Plastik-Problem nicht
Aktuell werden weltweit weniger als 10% des Plastiks recycelt, in Europa sind es ca. 15%. Denn der Plastikabfall besteht oft aus gemischten und verschmutzten Kunststoffen, die sich bisher kaum recyclen lassen.7
Es muss dringend an der Plastikproduktion und -herstellung angesetzt werden – der Kurs weg vom Mischplastik und hin zu verpflichtende Mehrwegsystemen ist unausweichlich. Darüber hinaus kann Recyceln alleine nicht die Lösung sein: um ein langfristig nachhaltiges Wirtschaften gewährleisten zu können, ist eine Reduzierung des Kunststoffes zentral – auch mit Blick auf die Produktion, bei der Erdöl, Energie und Chemikalien eingesetzt werden.
Daneben müssen akut Lösungen gefunden werden, um die Materialien, die aktuell im Umlauf sind, wieder in einen Kreislauf zurückführen zu können. Das kann nur über lokale Wiederverwertungsprozesse funktionieren – also über Abfallinfrastrukturen in den jeweiligen Ländern, einer Verwertung im Inland und einem kompletten Verbot von Müllexporten aus Industrieländern.

Quellen
1. https://www.duden.de/rechtschreibung/Recycling
2. https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/recycling-44989
3. https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/recycling-44989
4. https://circulated.rwth-aachen.de/index.php?title=Kunststoffe
5. https://sintac.es/de/lernen-sie-die-7-arten-von-kunststoffen-und-ihre-eigenschaften-kennen/
6. https://circulated.rwth-aachen.de/index.php?title=Kunststoffe